Keynote Prof. Dr. Dieter Hundt

Informationsveranstaltung zur „2. World Manufacturing Convention 2019“ 5. Juni 2019 | Maritim Hotel Berlin

 

Ich freue mich sehr, heute die Eröffnungsrede halten zu können. Dies besonders, weil ich sehr gute Erinnerungen an die Provinz Anhui habe. Als Gast von Frau Zhichan YAN, damalige Ministerin für Organisation, habe ich im Juni 2018 die beeindruckende Hefei Universität besucht und auch die Stadt Wuhu kennengelernt – der lokale Autohersteller Chery hatte mich eingeladen. Ich war tief beeindruckt von der Leistungsfähigkeit, Kompetenz und Qualität dieses Unternehmens.

Beeindruckt haben mich besonders auch die vielen bestehenden Kooperationen und gemeinsamen Projekte der chinesischen Institute mit deutschen Partnern. Mehr als 150 deutsche Unternehmen und Konzerne haben in der Provinz Anhui in den letzten Jahren 300 Millionen Euro investiert – Siemens, Bosch, VW, Continental, ThyssenKrupp, Festo, Linde und die Metro Group, um nur einige zu nennen – sind seit Jahren erfolgreich in der Provinz Anhui aktiv. Darüber hinaus gibt es zahlreiche deutsch-chinesische Kooperationen im Umweltbereich, in Wissenschaft und Forschung sowie mit Universitäten und Fachhochschulen. Ich habe Anhui sehr weltoffen erlebt – was sicherlich daran liegt, dass Partnerschaften mit 78 ausländischen Provinzen und Städten gepflegt werden und die Provinz in Kontakt mit 140 Ländern und Regionen der Welt steht. Auch mit Deutschland besteht seit 1984 eine Partnerschaft – Anhui ist Partnerprovinz des Landes Niedersachsen.
Ich war und bin natürlich sehr stolz darauf, dass vor mir so prominente deutsche Persönlichkeiten wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder und Bundespräsident a.D. Christian Wulff bereits in der Provinz Anhui zu Gast waren.

Deutsch-chinesische Zusammenarbeit

In einer Welt der immer komplizierter werdenden internationalen Beziehungen erhalten Veranstaltungen wie diese heute hier in Berlin aus meiner Sicht besondere Bedeutung – eine Veranstaltung, die deutsche Vertreter aus Wirtschaft und Politik mit chinesischen Regierungsvertretern und Unternehmern zusammenbringt, um gemeinsam erfolgreiche Wirtschaftsbeziehungen aufzubauen, zu intensivieren und – auch neu zu definieren. Deutschland und China sind seit 40 Jahren starke Partner. Die aktuelle Weltlage und die Handelskonflikte mit den USA haben die beiden Nationen noch enger zusammengeführt.

Wirtschaftsbeziehungen werden intensiviert

Die Volksrepublik China ist zum dritten Mal in Folge der wichtigste Handelspartner für Deutschland. Im Jahr 2018 wurden Waren im Wert von 199,3 Milliarden Euro zwischen Deutschland und der Volksrepublik China gehandelt. Auf den Rängen zwei und drei folgten die Niederlande mit einem Warenverkehr in Höhe von 189,4 Milliarden Euro und die Vereinigten Staaten mit einem Warenverkehr in Höhe von 178,0 Milliarden Euro. Dabei importieren deutsche Firmen bereits mehr Waren aus dem Reich der Mitte als sie dorthin ausführen. 2018 bezog Deutschland chinesische Waren im Wert von 106,2 Milliarden Euro. Die Exporte deutscher Firmen nach China lagen bei 93,1 Milliarden Euro. Ich bin überzeugt, dass diese Wirtschaftsbeziehungen in den kommenden Jahren weiter wachsen werden: Im vergangenen Jahr wurden im Kanzleramt mehr als 20 Abkommen zur wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit einem Wert von 30 Milliarden US-Dollar unterschrieben.

Chancen für deutsche Mittelständler

Ich selbst bin in den letzten Jahren mehrmals nach China gereist. Ich habe verschiedene Städte und Provinzen kennengelernt – auf diesen Reisen wurde ich von vielen deutschen Unternehmern begleitet. Ich war bei jeder Reise von der Leistungsfähigkeit, der technischen Kompetenz und der Geschwindigkeit des Landes auf vielen Ebenen tief beeindruckt. Der chinesische Markt bietet für deutsche Mittelständler nach meiner Überzeugung weiterhin große Chancen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Auch das Unternehmen, dem ich als Aufsichtsratsvorsitzender vorstehe – die Allgaier Group, mit Sitz im schwäbischen Uhingen, Zulieferant für die Automobilindustrie sowie Hersteller von Maschinen und Anlagen für die Verfahrenstechnik  – investiert seit mehr als 10 Jahren in China und ist derzeit dabei, dieses Engagement wesentlich auszubauen.

Deutschen Mittelständlern bieten die Kooperationen mit chinesischen Partnern neue Möglichkeiten der Entwicklung – und auch chinesische Mittelständler profitieren von der Zusammenarbeit wie viele praktische Beispiele zeigen. Die Regierungen beider Länder haben mit verschiedenen Vereinbarungen den gemeinsamen Weg in die Zukunft geebnet. Mehr Umweltschutz, Energieeffizienz, Qualitätsprodukte, verbessertes Gesundheitswesen, Ausbildung von Fachkräften, Automatisierung, Digitalisierung, neue Antriebe in der Kfz-Branch – der Modernisierungsprozess zieht sich durch alle Lebensbereiche in China und Europa.

Ich sehe unverändert Chancen für Erfolge in der direkten Zusammenarbeit von mittelständischen Unternehmen. Die direkten wirtschaftlichen Beziehungen und Investitionen zwischen privaten, mittelständischen Unternehmen in China und Deutschland auf Basis einer fairen Partnerschaft geben beiden Parteien Sicherheit und sind Grundlage für Erfolg. Beide Partner ziehen aus unternehmerischem Interesse aus den Produkten und Technologien, die in die Partnerschaft einfließen, Nutzen. Chinesische und deutsche Mittelständler sind sich in ihrer unternehmerischen Haltung sehr ähnlich. Beide sind fleißig, engagiert und ehrgeizig – und bei beiden handelt es sich häufig um Familienunternehmen. Chinesische Familienunternehmen waren in den letzten Jahrzehnten zunehmend der Treiber der wirtschaftlichen Dynamik im asiatisch-pazifischen Raum. Die nächste Generation muss nun die Führung übernehmen. Wenn dies nicht gelingt, gerät ein wichtiger Motor der chinesischen Wirtschaft ins Stocken.  Das gleiche gilt für  Deutschland. Auch Deutschland und Europa stehen vor ähnlichen gewaltigen volkswirtschaftlichen Herausforderungen.

Gleiche Wettbewerbsbedingungen für beide Partner

Eine Grundlage für zukünftigen Erfolg der Zusammenarbeit beider Länder sind nach meiner Beurteilung gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Partner. China hat erfreulicherweise angekündigt, seinen Markt weiter zu öffnen. Das Fundament einer jeden erfolgreichen Partnerschaft sind Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung, das betonte auch Chinas Staatspräsident Xi Jingpin mehrmals – zuletzt bei den multilateralen Gesprächen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker im März  dieses Jahres im Schloss Elysee. China wolle ein "offeneres Weltwirtschaftssystem" aufbauen. China wolle die geforderte Marktöffnung weiter umsetzen und fairen Wettbewerb garantieren, heißt es in der Abschlusserklärung des Gipfeltreffens.

All dies sind sehr positive Signale für die zukünftigen Wirtschaftskooperationen zwischen Deutschland – Europa – und China. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Abschottung wichtiger Länder und des Aufbaus von Handelsbarrieren ist die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und Deutschland von größter Bedeutung. China und Europa müssen mehr und mehr zu Garanten der offenen weltwirtschaftlichen Handelsbeziehungen werden. Zweifler auf beiden Seiten sollten nicht die Zukunft bestimmen.

Deutschland und China sind gleichwertige Partner.

Die Partnerschaft mit China geht in eine neue Ära – die Volksrepublik kann heute selbstbewusst und stolz auf die eigenen Erfolge blicken. China hat sich in den vergangenen 40 Jahren in vielen Bereichen an die Spitze der Weltwirtschaft entwickelt. Der Wirtschaftsboom und die Öffnung des Landes haben in China einen beeindruckenden Wandel ausgelöst. Die einstige „Werkbank der Welt“ ist heute vielfach Vorreiter in der Entwicklung künftiger Schlüsseltechnologien. Besonders im Bereich der Künstlichen Intelligenz sorgen Chinas Ambitionen für Aufsehen – die Volksrepublik investiert Milliarden in die Forschung. Aber auch das Thema Elektromobilität entwickelt sich in China viel rasanter als in anderen Ländern. Auch insbesondere die deutsche Automobilindustrie treibt die Entwicklung der Elektromobilität und der Elektrofahrzeuge mit großem Engagement voran. Auch wenn bei diesem Thema weiterhin technologieoffen Entwicklungen in verschiedene Richtungen stattfinden, steht fest: China ist Vorreiter. Deutschland setzt auf Kooperation: Volkswagen verstärkt beispielsweise sein Engagement im weltgrößten Automarkt China. Für 700 Millionen Euro soll eine Elektroautofabrik in Hefei entstehen.

Provinz Anhui dynamischer Wirtschaftsstandort

In der Provinz Anhui sind die dynamische Entwicklung Chinas und die damit einhergehenden Veränderungen sehr gut zu erkennen. Die Provinz war noch vor einigen Jahrzehnten überwiegend landwirtschaftlich geprägt und gehörte bis in die 1990er Jahre zu den ärmsten Provinzen Chinas. Heute ist sie ein prosperierender Investitionsstandort für internationale Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen. Von den weltweiten Top-500 Unternehmen gründeten in der Provinz Anhui mehr als 150 Unternehmen Headquarters und Repräsentanzen.

Auch in der Kommunikationstechnologie hat Anhui Maßstäbe gesetzt: Die University of Science and Technology of China in Hefei hat den weltweit ersten Quantum-Kommunikationssatelliten und den weltweit ersten Quantencomputer erfolgreich entwickelt. Die Quantenkommunikation ist eine Schlüsseltechnologie der Zukunft. Sie ist die Grundlage für die Sicherstellung der Kommunikation. Auch in Deutschland und Europa steht die Quantenkommunikation weit oben auf der nationalen und europäischen Innovationsagenda. Im Herbst startet die Initiative QuNET, die ein hochsicheres Netz auf Grundlage der Quantenkommunikation für die Bundesregierung entwickeln soll.

Provinz Anhui zukunftsfähiger Wirtschaftsstandort

Die Provinz Anhui liegt in einer der wirtschaftlich aktivsten und innovativsten Regionen in ganz China. Die Stadt Shanghai und 25 Städte aus den Provinzen Anhui, Jiangsu und Zhejiang bilden gemeinsam eine der größten Metropolregionen der Welt. Diese Städte um das Yangtze-Flussdelta bilden den Motor der sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung Chinas. Mit der „World Manufacturing Convention“ – die im September dieses Jahres zum zweiten Mal in der Provinzhauptstadt Hefei stattfinden wird – und die Ihnen heute hier vorgestellt wird – will die Provinzregierung die zukunftsfähige und dynamische Entwicklung Anhuis weiter vorantreiben – 2000 internationale Teilnehmer werden erwartet. Ich lade Sie ein: Seien auch Sie dabei!